Erklärung zu Syrien – Votum im Nationalrat
Die Aussenpolitische Kommission unterbreitet Ihnen einen Vorschlag für eine Erklärung des Nationalrates zu den menschenrechts- und völkerrechtswidrigen Geschehen in Syrien. Sie stützt sich dabei auf einen Artikel unseres Geschäftsreglements.
Der Krieg in Syrien dauert nun bereits sieben Jahre. Leidtragende ist die Bevölkerung, insbesondere sind es die Kinder. Seit Kriegsbeginn gibt es 6,5 Millionen intern Vertriebene und weitere 5,5 Millionen registrierte Flüchtlinge; die Zahl der Toten ist zudem auf eine halbe Million angestiegen. Das Elend der Zivilbevölkerung ist enorm.
Die Schweiz leistet humanitäre Hilfe in den Nachbarländern, wo die meisten Flüchtlinge gestrandet sind. In Syrien selbst ist es schwierig, die Bedürftigen zu erreichen. Wichtig dafür wäre ein Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen.
Die Aussenpolitische Kommission liess sich über all die Jahre regelmässig von den Fachleuten des EDA informieren. Wir wissen alle, dass die heutige Situation in Syrien die Konsequenz einer längeren Entwicklung ist. Sie begann mit der Niederschlagung jener, die innerstaatlich mehr Freiheit forderten, und hat sich zu einem von der Uno legitimierten Kampf gegen die islamistischen Terrororganisationen ausgeweitet. Unübersehbar geht es heute auch um die geopolitische Vorherrschaft verschiedenster Akteure.
Anfang dieses Jahres spitzte sich die Lage erneut zu. Die Bombardierung des kurdischen Gebiets in Nordsyrien durch die Türkei war ein weiterer Völkerrechtsbruch in diesem Krieg. Er traf diejenigen, die zuvor verlässliche Partner im Kampf gegen den IS-Terrorismus waren. Wiederum wurden Tausende von Menschen zu Flüchtlingen, wieder gab es tote Zivilistinnen und Zivilisten. Gleichzeitig verstärkte sich der militärische Druck des Assad-Regimes auf Ost-Gutha. Auch dort wurde das humanitäre Völkerrecht aufs Ärgste verletzt, indem Spitäler und Schulen beschossen wurden. Die Verletzung des humanitären Völkerrechts gipfelte darin, dass im April Giftgas eingesetzt wurde.
Kann man da wirklich schweigen?
Der Uno-Sicherheitsrat sah sich am 24. Februar veranlasst, aufgrund der prekären Situation der Zivilbevölkerung einen sofortigen Waffenstillstand zu verlangen, der jedoch nicht eingehalten wurde. Auch der Bundesrat verurteilte die Situation im März 2018 auf das Schärfste – und auch der Präsident des IKRK gab eine Erklärung zur unmenschlichen Lage ab. Es kann nicht einfach geschwiegen werden.
Die Erklärung des Nationalrates angesichts der prekären Lage der Zivilbevölkerung beruft sich auf die humanitäre Tradition der Schweiz. Diese fordert uns geradezu auf, auch als Parlament nicht länger stumm zu sein. Auch wenn die Berichterstattung aus der Region derzeit etwas abgeflaut ist, hat sich die Situation um nichts verbessert.
Die verübten Gräueltaten und verbreiteten Verstösse gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht müssen verurteilt werden. Es braucht einen offiziellen Waffenstillstand und einen Rückzug aller Truppen aus den Konfliktgebieten, um einer politischen Lösung Platz zu machen. Es braucht Aufarbeitung, um der Bevölkerung einen Neuanfang und Frieden zu bringen. Die Erklärung soll ein Zeichen der Solidarität des Schweizer Parlamentes – der Volksvertretung der Schweiz – an die Zivilbevölkerung sein.
In der Kommission wurde die Frage diskutiert, ob eine solche Erklärung mit der Neutralität der Schweiz vereinbar ist. Die Mehrheit stellte sich klar hinter das Argument, dass Neutralität nicht heisst, einfach wegzuschauen und nichts zu sagen, wenn man offensichtliche Gräueltaten und das Leiden der Zivilbevölkerung erkennt. Ihr war es aber wichtig, dass in die Erklärung alle Kriegsparteien eingeschlossen werden. Wer für welche Verbrechen an der Zivilbevölkerung verantwortlich gemacht werden wird, wird sich bei der späteren Aufarbeitung zeigen müssen.
Unsere Erklärung ist ein Zeichen an eine gebeutelte Zivilbevölkerung. Sie ist aber auch das Bekenntnis, dass die Schweiz bereit ist, bei einem politischen Prozess mitzuhelfen.
Mit 15 zu 7 Stimmen bei 2 Enthaltungen beantragt Ihnen die Aussenpolitische Kommission diese Erklärung zu verabschieden. Ich bitte Sie ebenfalls, dies zu tun.