Die kurze Sicht der Waffenlobbyisten

Auf der Welt brodelt es. In Syrien und Jemen herrscht Krieg mit vielen regionalen und internationalen Konfliktparteien. Dazu giesst Trump mit der Kündigung des Atomwaffenabkommens mit Iran und neuen Sanktionen zusätzlich Öl ins Feuer. In dieser angespannten Lage könnte die Schweiz aufgrund ihrer humanitären Tradition eine gefragte Vermittlerin sein. Könnte, denn derzeit tut sich der Bundesrat schwer mit friedenspolitischen Anliegen.

Statt sich für den Frieden einzusetzen, ist die 4er-Mehrheit aus FDP und SVP im Bundesrat bereit, die Exportbestimmungen für Kriegsmaterial weiter zu lockern. Die Waffenlobby hat ihre Bedürfnisse durchgesetzt. So sollen Exporte auch an Länder erlaubt werden, in denen bürgerkriegsähnliche   Konflikte herrschen oder die in kriegerische Handlungen involviert sind, wie beispielsweise Saudi-Arabien im Jemen. Der Bundesrat bricht damit auch ein Versprechen, welches er 2009 im Zuge desr Abstimmung zur Kriegsmaterialexportverbots-Initiative der GSoA der Bevölkerung gemacht hatte, nämlich, die Exporte sehr streng zu regeln. Heute begründet er die Lockerung damit, dass es keinen Grund zur Annahme gäbe, dass die gelieferten Waffen und Ersatzteile in Konflikte eingesetzt würden. Das sind Sonntagspredigten. Denn immer wieder tauchen Schweizer Waffen in bewaffneten Konflikten auf. Mit dem Waffenexport soll die eigene Rüstungsproduktion erhalten werden können, damit im Kriegsfall quasi für die Selbstversorgung gesorgt ist. Dabei stammt fast alles militärische Material mittlerweile von ausländischen Firmen. Selbst das geliebte Sturmgewehr wird heute von einer deutschen Firma hergestellt. Dieses fadenscheinige Argument wiegt nichts gegen den Verlust an Glaubwürdigkeit im Bereich der humanitären Arbeit der Schweiz. Leider findet der Bundesrat bis heute Unterstützung im Parlament. Vorstösse aus SP/Grüne-Kreisen für strengere Waffenexportbestimmungen wurden immer abgelehnt.

Wie unzuverlässig die Friedenspolitik des Bundesrats derzeit ist, zeigt auch sein Verhalten in Bezug auf das Atomwaffenverbotsabkommen, welchem er letztes Jahr zwar zugestimmt hatte, es jetzt aber nicht unterzeichnen will, obwohl der Nationalrat im Frühling mit knapper Mehrheit eine Motion von Carlo Sommaruga überwiesen hatte, die vom Bundesrat ein Unterschreiben verlangt. Das ist ein Affront gegenüber dem Nationalrat und ein Kniefall vor den Atommächten. Zudem ist es ein Hieb gegen die Organisation „Internationale Kampagne für die Abschaffung von Atomwaffen“ (ICAN), die ihren Sitz in Genf hat und letztes Jahr den Friedensnobelpreis für ihren Einsatz in dieser Sache bekommen hat.

Ein weiteres Geschäft, gegen das die Waffenlobby und ihre Gehilfen Sturm laufen, ist die Verschärfung des Waffenrechts, aufgrund einer Änderung der Bestimmungen in der EU. Halbautomatische Waffen sollen strenger behandelt werden. Der Bundesrat hat den Spielraum der EU-Richtlinie voll ausgenützt, so dass das Verbot erst für Waffen mit Magazinen grösser 10 Schuss gilt. Damit kann das Sturmgewehr nach dem Militärdienst weiter daheim behalten werden, das steht natürlich quer zur SP-Forderung: Sturmgewehre gehören ins Zeughaus. Im Ganzen ändert sich nun (leider) fast nichts, trotzdem ist das Geheul immens und nur mit knapper Mehrheit passierte die Mini-Verschärfung im Nationalrat. Ob sie dies auch im Ständerat schafft, ist noch ungewiss, dort sind die Waffenlobbyisten weit in die FDP und CVP hinein zu finden.

Diese Waffengeschichten passen mit der humanitären Tradition, so wie wir sie so gerne zelebrieren, nicht zusammen. Das merkt auch die Bevölkerung und bekundet immer mehr Unmut. Die GSoA hat ebenerst erfolgreich ihre Initiative zu Stande gebracht. Diese verbietet der Schweizer Nationalbank und den Pensionskassen, in Unternehmen, die Kriegsmaterial produzieren, zu investieren. Dieses Thema wird auch vor den Wahlen im nächstem Jahr interessant, wenn sich die bürgerlichen Kandidierenden outen müssen, was sie wollen: eine humanitäre Schweiz oder den wirtschaftlichen Profit über Menschenleben stellen.

Zurück zu Trump. Er verlangt von den Nato-Staaten, dass sie ihre Militärausgaben auf 4% des BIPs erhöhen sollen, was einer Verdreifachung entspricht. Völlig irrwitzig. Sicherheit beginnt bekanntlich anderswo: durch menschliche Sicherheit, Frieden, Demokratieaufbau, Zugang zu Ressourcen, Menschenrechte, Bildung, Entwicklungszusammenarbeit, etc. Es ist endlich Zeit, hier mehr Geld einzusetzen, auch von der Schweiz. Jedes Jahr wird im Budget um Hundertstel Prozente bei der Zuteilung der Gelder für die öffentliche Entwicklungshilfe gefeilscht. 2017 betrug der Anteil 0.46% am BNE (BIP). Mindestens 0.7% müssten es für ein reiches Land wie die Schweiz sein. Statt tödliche Waffen zu liefern, würde die Schweiz besser auf ihre humanitäre Tradition besinnend in Massnahmen investieren, die den Menschen eine Perspektive geben, und damit einen Beitrag zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 leisten.