Votum zu den Pestizide-Initiativen

Vor bald 20 Jahren habe ich im damaligen BUWAL eine Untersuchung zum Fangrückgang der Bachforelle in den Fliessgewässern der Schweiz gemacht. Beim Zusammenzug der kantonalen Daten zeigte sich ein gravierendes Bild: Der Fangrückgang war bereits ersichtlich. Und die Entwicklung ging seither weiter. Letzte Woche titelte das Schweizer Fernsehen:

 „Das Leiden der Fische: Das sind die problematischsten Pestizide“. Das Wasserforschungsinstitut der ETH, die Eawag, hat die 11 giftigsten, heute zulässigen Wirkstoffe in Pestiziden zusammengestellt. Wenn diese ins Wasser gelangen, gefährden sie Flora und Fauna in den Gewässern akut und damit Wasserlebewesen wie Insektenlarven oder Kleinkrebse, die die Nahrungsgrundlage vieler Fische sind. Es ist ja nicht die erste Studie, die ähnliche Resultate präsentierte. In einer anderen rezenten Studie der EAWAG wurden in 5 kleinen Bächen zwischen 71 und 89 Wirkstoffe aus Pestiziden gefunden!

Pestizide werden immer noch viel zu oft eingesetzt. Schauen Sie sich gewisse Rebberge an, ausser den Rebstöcken hat keine grüne Pflanze den Pestizid-einsatz überlebt. Nur noch braune Erde. Da ist auch klar, dass keine Insekten darin vorkommen und damit das Futter vieler Vögel fehlt.

Immerhin, auch der Bundesrat sieht Handlungsbedarf. Was er bis jetzt im Aktionsplan Pflanzenschutz und im AP22+ vorschlägt, reicht gemäss den Umweltverbänden aber nicht aus, die Umweltziele im Bereich Landwirtschaft zu erreichen. Bereits früher formulierte Reduktionsziele wurden nicht erreicht. Darunter leiden die Biodiversität und die Wasserqualität unserer Bäche und des Grundwassers und schlussendlich des Trinkwassers.

Nach Aussage des BLWs soll bald ein Grossteil der 11 schlimmsten Stoffe verboten werden. Warum hat es das nicht schon längst getan?

Zum Glück, meine Damen und Herren, gibt es diese 2 Initiativen. Jetzt ist die Chance da, endlich wirksame Artikel zu formulieren.

Die beiden Initiativen können als Grundlage dienen. Sie gehen die Problematik sehr unterschiedlich an. Sie gehen im Detail teilweise sehr weit und werden nicht einfach umzusetzen sein. Ich empfehle Ihnen deshalb, die Rückweisungsanträge zu unterstützen. Sie nehmen die Ziele der Initiativen auf und schicken diese an die Kommission zurück, damit sie wirkungsvollere Massnahmen vorschlägt und so der Pestizideinsatz reduziert, Gewässer und Böden geschützt und der Eintrag ins Trinkwasser vermieden wird. 

Werden die Rückweisungsanträge abgelehnt, empfehle ich Ihnen den Gegenentwurf Jans zu den Initiativen zu unterstützen. Er nimmt die Anliegen der Initiant/innen auf, präzisiert aber Begriffe wie „Pestizide“ mit „synthetischen Pestizide“, oder erweitert die Bestimmung, dass Futtermittel nicht nur „auf dem Betrieb produziert“ werden müssen, sondern auch „regional produziert“ werden dürfen. Auch gegen den prophylaktischen Einsatz von Antibiotika geht er mit der Sanktion von Streichen der Direktzahlungen vor. Mit diesem Gegenvorschlag wird ein wirkungsvoller und umsetzbarer Weg zur Reduktion der Pestizid- und Antibiotikaeinträge in die Umwelt geleistet. Er deckt damit Anliegen beider Initiativen ab und stützt sich auf die multifunktionalen Aufgaben der Landwirtschaft ab. Es ist Zeit, dass die Landwirtschaft wieder mehr mit der Natur arbeitet als dagegen. Der Biolandbau bietet bereits viele Methoden, da muss weiter geforscht und entwickelt werden. Sollte der Minderheitsantrag Jans keine Mehrheit finden, und auch der Minderheitsantrag Bertschy nicht, werde ich die beiden Initiativen unterstützen.

Es ist an der Zeit, dass wir als Gesetzgeberin aktiv werden und die Signale der Bevölkerung hören. Wer jetzt zu allem Nein sagt, handelt unverantwortlich. Der Handlungsbedarf ist unbestritten.