Die unerschrockenen Frauen von Minsk
Es ist beeindruckend, mit welcher Hartnäckigkeit die Demonstrierenden im weissrussischen Minsk ihre Proteste durchhalten. Darunter auch eine St.Gallerin.
Seit 1994 ist Alexander Lukaschenko in Belarus an der Macht. Er baute seine Macht stetig aus, entmachtete das Parlament und führte undemokratische Volksabstimmungen durch. Nicht von ungefähr wird er als «letzter Diktator Europas» bezeichnet. Mittlerweile hat er die Unterstützung in der Bevölkerung jedoch völlig verloren.
Vor den Wahlen 2020 liess er kurzerhand die oppositionellen Kandidaten wegsperren. Womit er aber nicht gerechnet hatte, war die starke Frauenbewegung. Die Frauen übernahmen das Zepter und stiegen in die Wahlen ein. Gemäss den Prognosen spricht alles dafür, dass die Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja die Wahlsiegerin ist. Doch Lukaschenko erklärte sich kurz nach Urnenschliessung mit über 80% zum Sieger. Die Wahlbeobachtungsbehörde der OSZE konnte nichts über die Wahlen sagen, sie war von Lukaschenko nicht zugelassen. Verschiedene westliche Länder haben Lukaschenko als Präsidenten nicht anerkannt. Einzig Russland unterstützt ihn noch. Die Schweiz hat sich um eine Stellungnahme gedrückt: Wir anerkennen nur Staaten, keine Regierungen.
Staatsgewalt gegen Demonstrierende
Oppositionelle und Demonstrierende wurden verhaftet. Amnesty international wies auf den gezielten Gebrauch von Folter und Misshandlung hin. Die Menschenrechtsorganisation Libereco in Zürich organisierte für die Inhaftierten Patenschaften. Auch ich bin Gotte eines politischen Gefangenen – seit August gibt es keine Informationen mehr von ihm. Anfangs noch relativ unbehelligt, geht Lukaschenko mittlerweile auch mit Gewalt gegen demonstrierende Frauen vor. Doch unerschrocken machen sie weiter. Es ist spürbar, dass hier eine Bevölkerung einen Wechsel in der politischen Macht und eine Veränderung der Gesellschaft will. Die Macht des Feminismus weicht die autokratische Macht Lukaschenkos auf.
Am 22. Oktober hat die weissrussische Opposition den Sacharow-Menschenrechtspreis der EU erhalten. Denn trotz Gewalt und Verhaftungen seitens der Regierung blieben die Proteste immer friedlich. Im August konnte die SP in der aussenpolitischen Kommission des Nationalrats eine öffentliche Erklärung durchsetzen. Darin wird die Repression des Regimes scharf verurteilt. Der Bundesrat soll das Regime auffordern, die Menschenrechte zu respektieren, sich für einen Dialog einzusetzen und dadurch faire und freie Wahlen zu ermöglichen sowie die OSZE bei der Einberufung einer Fact Finding Mission zu unterstützen, damit Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen werden können. Auch die Umgehung von allfälligen EU-Sanktionen über Schweizer Boden soll verhindert werden.
St. Galler Doppelbürgerin inhaftiert
Im September wurde an einer friedlichen Frauen-Kundgebung in Minsk die schweizerisch-belarussische Doppelbürgerin Natalia Hersche aus St.Gallen verhaftet. Ihr drohen bis zu fünf Jahre Haft. Für sie läuft eine Unterstützungskampagne, die Barbara Gysi als Patin begleitet. Der Vertreter der Schweizer Botschaft konnte sie besuchen, alles Weitere ist noch offen. Für die Behörden vor Ort zählt nur ihre belarussische Staatsbürgerschaft. Es ist wichtig, dass sich die Schweiz als Sitzstaat des UNO-Menschenrechtsrats für die Menschenrechte und die Demokratie einsetzt. Wir müssen unsere Solidarität mit den friedlich Demonstrierenden zeigen, bis Lukaschenko seine Macht abgibt.