Zeit für die soziale Wende

Corona – tagtäglich werden wir damit konfrontiert. Verwandte, Freundinnen und Freunde, Arbeitskolleginnen und -kollegen werden mit dem Virus infiziert. Die einen kommen glimpflich davon, andere wiederum trifft es schlimm, ja überleben die Krankheit nicht. Aber auch wirtschaftlich trifft es viele heftig. Vielen Restaurantbetreiber, LadenbesitzerInnen, Kulturstätten, KMUs, GewerblerInnen oder Freischaffenden ist der Umsatz eingebrochen, weil sie ihr Unternehmen vorübergehend schliessen mussten oder einfach keine Aufträge mehr erhielten. Mit dem Covid-Gesetz konnten verschiedene Abfederungen der wirtschaftlichen Verluste eingeführt werden. Diese sind absolut notwendig. Es ist uns aber nicht gelungen, aus der Härtefalldenkweise herauszukommen und eine echte Ausfallsentschädigung einzuführen. Immer wieder zeigen sich auch Lücken im Auffangnetz.
Besonders prekär ist die Lage im globalen Süden. Viele Menschen arbeiten auf dem informellen Arbeitsmarkt, d.h. sie müssen jeden Tag ihre Arbeit suchen, um am Abend etwas Geld für sich und die Familie zu haben. Während der Pandemie ist das kaum möglich. Das Geld für Essen fehlt. An einen Zugang zu einer medizinischen Versorgung ist gar nicht zu denken. Die Impfung ist für diese Menschen in weiter Ferne. Sie sind der Pandemie hilflos ausgeliefert. Das Versprechen einer gerechten Verteilung des Impfstoffes ist bei den Industrieländern längst vergessen. Zuerst muss die Lage im eigenen Land in den Griff bekommen werden, das verlangt die eigene Bevölkerung. Was dabei vergessen geht: Je länger mit der Impfung in den armen Ländern zugewartet wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine Mutation entwickelt. Ob die heutige Impfung dann immer noch wirkt, ist reine Lotterie. Erfolgreich bekämpfen wir das Virus nur weltweit, gemeinsam.
Die Pandemie hat jedoch nicht nur Verlierer hervorgebracht. Die Börse lief in dieser Zeit wie geschmiert. So ist das Vermögen der weltweit reichsten zehn Menschen während der Pandemie um sage und schreibe 500 Milliarden Franken gestiegen. Auch in der Schweiz haben die Reichsten zulegen können. Gleichzeitig hat die Zahl der Menschen, die in die Armut abgleiten, deutlich zugenommen. Es ist Zeit für die soziale Wende. Gewinne von Grossunternehmen müssen gerechter verteilt werden. Reichtum muss stärker besteuert werden. Wir müssen unser Image einer Steueroase mit Schlupflöchern und viel zu tiefen Steuersätzen endlich ablegen. Mit den Mehreinnahmen finanzieren wir die Coronamassnahmen. Unhaltbare Arbeitsbedingungen, wie sie in stressigen Berufen wie im on-line Handel vorkommen, müssen bekämpft werden. Es braucht den vollen Lohnersatz für tiefe und mittlere Einkommen, insbesondere trifft das auf viele Frauenberufe zu. Die Pflegeberufe haben sich als systemrelevant erwiesen. Gute, familientaugliche Arbeitsbedingungen und Löhne sind überfällig. Wir brauchen wieder eine Politik, die die Interessen der Menschen mit mittleren und tiefen Einkommen ins Zentrum stellt, der grossen Mehrheit in diesem Land. Es ist Zeit für die soziale Wende.